Stufe 1, 2 und 3 der klassischen Crozat-Technik - Derotationen auch hier möglich
Phase 1, 2 and 3 of classical Crozat treatment – even suitable for derotations

Entwicklungsgeschichte
Die frühe Orthodontie arbeitete mit festsitzenden Drahtgeräten aus Edelmetallen und einzelnen herausnehmbaren Dehngeräten (Coffin-Federplatten, anfangs mit Hartgummi-Flügeln).
Der allgemeinere Begriff Kieferorthopädie wurde erst später, mit der Entdeckung der Funktionskieferorthopädie (FKO, zuerst mit Aktivatoren), im Deutschen geprägt.

Dr. George Bernard Crozat (1894 – 1966) praktizierte in New Orleans und ersetzte die Befestigungsbänder dieser Geräte vor der Bracket-Ära durch Halteklammern des Typs Jackson-Crib (evtl. für Prothesen entwickelt?).
Dies erleichtert dem Patienten die Mundhygiene, dem Arzt das Nachstellen, und senkt vor allem die Gefahr von Schäden durch zu hohe Kräfte, die damals beträchtlich war. So eignet sich seine 1919 eingeführte Methode auch für Patienten mit vorgeschädigten Gebissen und für die präprothetische Kieferorthopädie.
Dennoch wurde sie von den Kollegen und Fachverbänden kaum anerkannt, weil diese vom damaligen High-Tech der festsitzenden Behandlungstechnik faszinierter waren. Daher ist nur wenig dazu veröffentlicht. Crozats Mitarbeiter Dr. Albert Wiebrecht entwickelte seine Technik weiter und publizierte 1966 ein Handbuch darüber.

Materialtechnisch verwendete Crozat eine Goldlegierung. Rostfreier, dentaltauglicher Edelstahl kam damals gerade erst auf. Eine heute verwendete weichere Crozat-Legierung besteht aus 35% Kobalt, 35% Nickel, 20% Chrom, 10% Molybdän. Jedoch hat die teurere Goldlegierung 3 Vorteile:
1 - Man kann die Crozat-Geräte immer wieder als Ganzes backen (Billigmetall würde oxidieren), um dadurch Spannungen, die durch das Biegen entstanden sind, abzubauen. So bleiben die Geräte wie früher lange um- und ausbaufähig, statt immer schlechter zu passen.
2 – Der behandelnde Zahnarzt kann mit Goldlot und Alkoholbrenner schnell Drahtelemente an-, ab- oder umlöten. Das Labor bräuchte dann nur die größeren Arbeiten zu machen.
3 - Fingerfedern aus Goldlegierung können platt gehämmert werden, bis sie in enge Zwischenräume passen und ihre Kraft an der richtigen Stelle ansetzen können, so dass Zähne z.B. kippungsfrei distalisiert werden können.
Ganzheitlich denken:
Während festsitzende Behandlungsgeräte die Zähne an fremdbestimmte Positionen zwingen, die sich oft an Durchschnittswerten orientieren, vertrat Crozat bereits eine ganzheitliche Betrachtungsweise, wonach der Körper im Prinzip weiß, wohin jeder Zahn gehört. Lediglich können Zähne z.B. durch Platzmangel, Kreuzbisse, Zwangsführungen und muskuläre Fehlfunktionen daran gehindert sein, diese ihrer Funktion entsprechenden Positionen einzunehmen. Werden diese Hindernisse überwunden, dann genügt anschließend eine geringe Punktkontakt-Krafteinwirkung durch das Crozat-Gerät, um die Zähne ihre Plätze finden zu lassen, und das auch noch beim Erwachsenen.

History
In early orthodontics, mainly fixed appliances of noble metal wires were used, apart from a few removable expanders (the first Coffin expansion plates had wings of hard rubber).
Dr. George Bernard Crozat (1894 – 1966) worked in New Orleans and replaced the fixing bands of these early appliances by clasps of the Jackson-crib type, which could have been developped for dentures.
This facilitates oral hygiene for the patient and reactivation for the doctor. It also reduces the danger of damage to the patient by too high forces, which was high in that time. Therefore, this technique which Crozat introduced in 1919 is even suitable for older patients who bear damages in their dentition, and for preprosthetic orthodontics.
But irrespective of these advantages, Crozat´s technique was hardly appreciated by his colleagues and the professional societies, which favored the power of state-of-the-art fixed appliances in former time as well as in our time. Therefore, not much was published about it, and Crozats co-worker Dr. Albert Wiebrecht developped his techniques further and finally published them as a handbook in 1966.

Materials: Crozat used a gold alloy, since stainless steel suitable for dentures was just developped in that time. A softer alloy for Crozat appliances of today consists of 35% cobalt, 35% nickel, 20% chromium and 10% molybdenum. But the more expensive gold alloy has 3 advantages:
1 – The Crozat appliances can be cured repeatedly in the oven (cheap metals would oxidize), to decompose all strain that came from bending. Thus, the Crozats can be used for long time, and the basic appliance can be extended as it was originally described, instead of losing its proper fit.
2 – With gold solder and just an alcohol torch, the treating dentist can change smaller elements quickly. Laboratory work would then be required only for larger tasks.
3 – Finger springs of gold alloy can be hammered so flat that they even fit in narrow interspaces, where they can deliver their force at the correct point to allow e.g. bodily distalizations of teeth.
Holistic thinking:
Whereas fixed appliances force teeth in somehow artificial positions, which are often derived from average values, Crozat already took a holistic point of view, in which the human body knows where to place all its teeth. This proper positioning in the mouth as a working system can just be hampered e.g. by lack of space, crossbites, misguidance of bite and deviating muscular functions. If these obstacles can be overcome, subsequent point contacts with light force of the Crozat appliance would be sufficient to help the teeth to find their stable working positions, even in adult patients.






Fig. 2: Grundgerät (Phase 1)

Fig. 3: Streck-Gerät (Phase 2)

Fig. 4: Eckzahn-Platzgewinn (Phase 2), in Unter- oder Oberkiefer

Klassische Crozat-Methodik und ihre Abwandlungen
Die klassische Crozat-Vollbehandlung umfasst 3 Stufen, wovon in manchen Fällen welche entfallen können:
1. dehnen, 2. strecken, 3. Zähne einordnen.
Dazu wird das Gerät schrittweise weitergebaut. Sein Körper aus dickem Draht wird mit Armen (Phase 2) und schließlich mit Fingern (Phase 3) nachgerüstet. So fällt die Maßarbeit, die Halteklammern anzufertigen, nur einmal an. Sie fassen die 6er (oder Milch-5er) kastenförmig und an 4 Ecken direkt über dem Zahnfleisch, greifen also unter die meist vorhandenen Ausbauchungen. Die Kauflächenauflagen sollten kurz sein und so liegen, dass sie den Zusammenbiss nicht stören (Abb. 1).
Phase 1:
Neben der Dehnung kann das Grundgerät (Abb. 2) auch eine Drehung (Derotation) seiner Ankerzähne leisten. Die Kieferbreiten sind in dieser Phase aufeinander abzustimmen.
Phase 2:
An die Fortsätze des Grundgerätes, die die Dehnwirkung auf die Prämolaren übertragen und noch zum Körper gezählt werden, werden die sog. Arme angelötet oder -geschweißt. Federn zur Aufrichtung der 7er werden eher an den Halteklammern angebracht.
Mit der beidseitigen Arm-Variante schiebt man die Schneidezähne vor (Abb. 3 und 9), mit der einseitigen gewinnt man Platz für einen Eckzahn (Abb. 4). Sind beide eingeengt, wird ihnen nacheinander Platz geschaffen – die Seite wird gewechselt. Gleichzeitiges Arbeiten wird hier mit der modernen Abwandlung mit kleinen Plastikflügeln (hier in Form von Aufbissen gestaltet, Abb. 5) möglich, indem sie mehr Halt im Seitenzahnbereich geben. Auch ein am Crozat-Gerät angebrachter Lip-Bumper könnte die Gegenkraft für beidseitige Distalisierungen liefern.
Phase 2 sollte allen Zähnen Platz schaffen und eventuelle Zwangsführungen beseitigen.
Phase 3:
Im Beispiel in Abb. 6 werden 3 benachbarte Frontzähne mit 1 innenliegender und 3 außenliegenden Federn korrigiert, wobei die äußeren von einem verborgen liegenden Hochlabialbogen ausgehen.
Abb. 7 zeigt einen entsprechenden für den Unterkiefer, Abb. 8 einen normalen Labialbogen, Abb. 9 ein Korrekturelement für einen verdrehten 4er, das zugleich mit den Phase-2-Streckbögen für die Schneidezähne zum Einsatz kommt.
Erst wenn die Kiefer korrekt zusammenpassen können, werden Bisslageverschiebungen mit an Haken eingehängten Gummibändern vorgenommen, wie aus der damaligen festsitzenden Behandlungstechnik übernommen.

Classical Crozat technique and some modifications
A complete Crozat treatment comprises 3 phases, of which some can be omitted in lighter cases:

1. expansion, 2. stretching (sagittal extension), 3. alignment of teeth.

The Crozat appliance is designed to be extended step by step for these tasks. Its body is made of thick wire, to which the so-called arms of phase 2 and fingers of phase 3 will be added. By this, the precision work of making the clasps is required only once. They grab the first permanant molar (or last milk molar) like in a narrow box and at all 4 corners just above the gums, where most teeth are already slightly narrowing. Their occlusal rests should be short enough and placed such that they do not hamper the patient in matching the jaws (Fig. 1).
Phase 1:
Apart from lateral expansion, the basic appliance (Fig. 2) can also twist (derotate) its anchoring molar teeth, if required. The jaw widths should be matched in this phase.
Phase 2:
The arms are soldered or welded to the rods of the basic appliance, which served to transmit the expanding force to the bicuspids. Springs for uprighting the second molars (7s) can be added to the clasps.
The kind of appliance which bears likewise arms on both sides is intended to push the incisors forward (Fig.s 3 and 9), whereas the asymmetric kind is to gain space for a crowded cuspid (Fig. 4). If both cuspids are lacking space, one has to be freed after the other, with inverting these arms. Simultaneous work on both sides is made possible by adding little plastic wings to the appliance (in Fig. 5 of occlusal type), which include further teeth in anchorage. Alternatively, the appliance can be equipped with a lip bumper to catch the counter-force of a bilateral distalization.
Phase 2 should provide space for all teeth and overcome any obstacle for matching the jaws properly.
Phase 3:
The example in Fig. 6 shows how 3 neighboring frontal teeth will be aligned by 1 inner and 3 outer springs, and how a hidden so-called high labial bow is used to carry these outer springs. This works likewise in the lower jaw (Fig. 7). Fig. 8 shows an ordinary labial bow and Fig. 9 a spring for derotating a twisted bicuspid, where at the same time the incisors are to be aligned by pushing bows (phase 2).
Bite correction is not started before the jaws are able to match properly, and done with rubber bands stretched between hooks, as it is usual for fixed appliances.






Fig. 5: Hybrid-Gerät mit Aufbissen

Fig. 6 und 7: ein Hochlabialbogen trägt Korrekturelemente

Fig. 8

Anwendbarkeit und Abgrenzung heutiger Crozats und Platten
Die alte Crozat-Technik zeigt ein Einzelschritt-Vorgehen, das auch dem Großteil der festsitzenden Techniken eigen ist. Jedoch war sie immer eine Nischenmethode, während in Europa 50 Jahre lang die aktiven Platten die vorherrschende Behandlungsform waren. Sie wurden 1929 von Charles F. Nord (Amsterdam) als allgemein erschwingliche Behandlungsmethode vorgestellt, und ab 1936 von A. Martin Schwarz und und Mitarbeitern vielfältig weiterentwickelt, insbesondere mit Dehnschrauben.
Dadurch kö
nnen sie die Dehnung, Streckung und die Einordnung von Zähnen in den schon gewonnenen Platz gleichzeitig leisten.

Crozat-Phase 1 entspräche einer einfachen Dehnplatte mit mittiger Schraube,
Crozat-Phase 2 einer Streckplatte mit Distalschrauben oder Protrusionselementen,
während Y- oder Z-Platten oder die neueren Bertoni-Platten beides zugleich leisten, und alle diese Platten noch mit Korrekturelementen wie zur Crozat-Phase 3 bestückt werden können, in manchen Fällen einschließlich Bisslagekorrektur (Gegenkieferbügel, Vorschub- oder Rückschubplatten).
Diese effizientere Zeitnutzung wird durch die wesentlich bessere Verankerung gefördert, die sich durch das in jeden Zahnzwischenraum reichende Plastik der Platten ergibt. Wo es eine gewünschte Zahnbewegung behindert, ist es auszuschleifen.
Die Verankerung eines Crozat-Gerätes entspräche hier der einer ringsum ausgeschliffenen Platte. Klassische Crozat-Halteklammern brauchen gut entwickelte 6er (oder Milch-5er), während die Platten-Technik viele Formen und Anordnungen von Halteklammern hervorgebracht hat, auch zur Behandlung während des Zahnwechsels. Einzelne nicht-klassische Crozats mit zusätzlichen oder anders platzierten Halteklammern stehen in anderen Fallbeispiel-Kapiteln.

Platten sind vom Tragekomfort her meist störender als Crozats, aber sie sind simpler nachstellbar und besser reparierbar – da nicht jeder Patient mit der gebotenen Sorgfalt damit umgeht. Kinder können unter Nutzung des Wachstums zügig mit Platten behandelt werden, während nach Abschluss des Wachstums dieser Zeitvorteil schwindet, weil nur noch mit geringer Kraft langsam vorgegangen werden darf, damit es nicht zu Schäden kommt.
Crozats sind hygienischer, weil sie die Selbstreinigung des Mundraums durch die Speichelzirkulation wen
iger behindern (unter den FKO-Geräten gebührt diese Eigenschaft übrigens den Bimler-Geräten).
Schließlich können auch skelettierte Platten als Mischformen aus Platten und Crozats konstruiert werden, wobei Abb. 5 nur eine von vielen Möglichkeiten zeigt.
Crozats und Platten haben einen starren Körper gemein, der den Multibracket-Geräten fehlt - sofern er nicht als störender Gaumenbügel oder Lingualbogen nachgerüstet, oder eine teils beschliffene Platte zusätzlich getragen wird. Am neumodischsten wird die schlechte Verankerung der Multibracket-Spangen invasiv und gefährlich mit in den Knochen gedrehten Schräubchen (sog. skelettale Verankerung mit Mini-Implantaten) zu verbessern gesucht!

Distinctive applications of Crozat and plate appliances today
It is not only the classical old Crozat technique which processes the treatment tasks in sequence, one after the other. Indeed, this is common to most techniques with fixed appliances. Crozat technique was never widespread, whereas active plates were predominating the treatment in Europe for 50 years. They were introduced by Charles F. Nord (Amsterdam) in 1929 as an economic method of orthodontic treatment, and further elaborated by A. Martin Schwarz and co-workers from 1936 on, including the design and use of expansion screws.
By this, active plate appliances can simultaneously perform expansion, stretching and alignment of teeth in the space that has already been gained.

A phase-1 Crozat would correspond to a simple plate expander with central screw, and
a phase-2 Crozat to a plate equipped with distal or frontal screws,
whereas Y-plates or Z-plates (sagittal plates), or the more recent Bertoni plates can do both at the same time. Moreover, all plates can be equipped with further elements corresponding to Crozat phase 3, and in some cases even for bite correction (bite jumper plates, downward labial bow on upper plate, bite back-shift plate).
This time-efficient mode of treatment is supported by the superior anchorage which plate appliances inherently have, since their plastic body fills any interspace between teeth. These plastic fingers have to be removed there where they hamper alignment of a tooth.
The anchorage of a Crozat appliance would correspond to that of a plate from which all these plastic fingers have been removed. Classical Crozat clasps require well-developped first molars (or last milk molar) to grab firmly, whereas in plate technology, a variety of types and positions of clasps has been developped, in particular for treatment while teeth are changing. A few special Crozat appliances with additional or different clasps are shown in other cases chapters.

Plate appliances are generally less comfortable to the patient than Crozat appliances, but their reactivation is easier and also their repair – since not every patient handles them with care. Children can be treated with plates quite rapidly, when their growth allows to profit from their simultaneous functions. This advantage diminishes in adults, where lack of growth renders frequent cranking of screws or too high forces of springs dangerous, and more time is required.
Crozat appliances are particularly hygienic, since they hamper the self-washing of the mouth by saliva only little (by the way, Bimler appliances are the most hygienic functionals).
Finally, hybrid appliances between plate and Crozat can be designed. Fig. 5 shows just one of many possibilities.
A rigid body is common to Crozat and plate appliances, but lacks the fixed bracket appliances, unless a transpalatinal or lingual arch is added (and hindering for the patient), or a plate with partially smoothened borders is worn in addition. The most modern and dangerous invention to improve the poor anchoring of bracket appliances are orthodontic implants: so-called mini pins, mini screws, spiderscrews etc. which are pierced through the flesh into the bone.
Quellen: M. Kleinert, „Das Crozat-Grundgerät“, Quintessenz Zahntech 30 (2004) 764-7
0, „Das Crozat-Gerät in der II. und III. Phase“, Quintessenz Zahntech 32 (2006) 664-70; Eckzahn-Platzgewinn-Gerät für Oberkiefer: privat
Historische Übersicht: A.B. Bimler, Quintessenz Zahntech 30 (2004) 419-23

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Letztes Update dieses Teils +++ last update: 23.12.2008